Psychoanalytische Theorie im modernen Drama

Trieb und Konflikt als dramaturgischer Motor

Wenn Figuren handeln, obwohl der Text dagegen spricht, hört man das Pochen des Unbewussten. Trieb und Konflikt strukturieren Wendepunkte, treiben Dialoge voran und erzeugen jene Reibung, die uns emotional bindet und intellektuell herausfordert.

Traumlogik als alternative Dramaturgie

Sprünge in Zeit und Raum, Wiederholungen, Metamorphosen: Traumlogik erklärt scheinbar absurde Szenenfolgen. Wer sie akzeptiert, entdeckt eine tiefere Kohärenz, in der Bilder statt Begründungen führen und Bedeutungen aus Assoziationen aufblühen.

Übertragung zwischen Zuschauer und Figur

Wir erkennen uns in Figuren wieder, lieben, verurteilen oder retten sie innerlich. Diese Übertragung färbt Wahrnehmung und Urteil. Sie ist formbar durch Regieentscheidungen, Besetzung, Licht und Rhythmus und macht Theater intensiv persönlich.

Freud, Jung, Lacan: Drei Schlüssel fürs Verständnis

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Freud: Das Unheimliche und die Rückkehr des Verdrängten

Freuds Idee des Unheimlichen erklärt, warum vertraute Räume plötzlich bedrohlich wirken. Im Drama kehrt Verdrängtes als Objekt, Satzbruch, Echo oder Doppelgänger zurück und zwingt Figuren, die eigene Wahrheit nicht länger zu übersehen.
02

Jung: Archetypen und kollektives Unbewusstes

Jung liefert Rollenprofile, die Ensembles ordnen helfen: Schatten, Anima, Trickster, weise Alte. Diese Archetypen sind keine Schablonen, sondern bewegliche Kräfte, die Konflikte bündeln und kulturelle Resonanzen erzeugen, gerade in zeitgenössischen Kontexten.
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Lacan: Spiegelstadium und begehrender Blick

Lacan zeigt, wie Identität im Spiegel des Anderen entsteht. Auf der Bühne wird jede Geste zur Botschaft für einen imaginären Blick. Figuren begehren Anerkennung, Sprache stottert, und Sinn entsteht in Lücken, Missverständnissen und Umwegen.

Szenenarbeit: Eine Probe unter psychoanalytischer Lupe

In einer intensiven Partner-Szene suchten wir zunächst nach Macht. Erst als wir das Begehren hinter der Aggression benannten, brach Emotion auf. Die Spannung wurde genauer, verletzlicher und paradoxerweise gefährlicher und menschlicher zugleich.

Werkzeugkasten für Autorinnen und Autoren

Schreibe eine geheime Szene aus der Kindheit der Figur, die nie im Stück erscheint. Dieses unsichtbare Kapitel nährt Untertext, motiviert Entscheidungen und erzeugt jene überdeterminierte Dichte, die Dialoge knistern und glaubwürdig schweigen lässt.

Kollektive Projektion und gemeinsames Atmen

Ein Moment stiller Einigkeit entsteht, wenn viele dieselbe Angst spüren. Diese kollektive Projektion schweißt das Publikum zusammen und verleiht der Szene Schwere und Trost, als würden wir gemeinsam etwas Unsagbares aushalten und verwandeln.

Trigger, Care und Nachhall

Intensive Themen brauchen sensible Rahmung. Content-Hinweise, ruhige Übergänge und Orte zum Nachklingen helfen. Wer danach sprechen kann, bleibt nicht allein. Eine gute Inszenierung lässt offen, doch nicht orientierungslos, und lädt zum Gespräch ein.
Thelightfeet
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